„Wir müssen den Herbst abwarten“
„Ja, bei Euch rührt sich was“, sprach MdEP Manfred Weber (l.) dem Bürgermeister-Trio Josef Kufner, Georg Stelzer und Alois Wenninger ein Kompliment aus. Das sagte er nicht nur angesichts der Arbeiten, die vor dem Rathaus stattfinden. „Respekt für die Entwicklung von Hofkirchen. Und ich sehe, es geht kräftig weiter.“ – F.: kle
Hofkirchen
Mittwochvormittag im neuen Sitzungssaal des Hofkirchener Rathauses. Es gibt Butterbrezen und Kaffee für den hohen Gast aus Brüssel, der in Niederbayern daheim ist. Manfred Weber, Chef der stärksten Fraktion im Europäischen Parlament, war auf Einladung des neuen Bürgermeisters Josef Kufner gekommen.
Vor der Glasfront fährt ein Bagger Stein für Stein hin und her. Das hat auch etwas mit den Gesprächen hinter der Glasfront zu tun. Ein gewisser Weber (nein, nicht Manfred, sondern Max) hat die Aufgabe engagierter Männer und Frauen in der Kommunalpolitik als „Bohren dicker Bretter mit Leidenschaft und Augenmaß“ bezeichnet. Und jetzt wird da draußen, vor den Augen Webers (jetzt der Manfred) Stein um Stein bewegt. Es wird dauern, bis das Werk vollendet sein wird. Und dabei entsteht etwas Neues.
Auch das politische Geschäft ist mühsam. Da ist es gut – dieses Signal sollte mit dem Besuch rüberkommen –, an entscheidender Stelle gute Bekannte oder gar Freunde zu haben. Diese können dann vielleicht helfen. Zumindest sollen sie – so wie Manfred Weber – von den Sorgen einer kleinen Kommune wie Hofkirchen wissen.
Weber ist als Niederbayer der Ort Hofkirchen natürlich nicht unbekannt, zumal er schon Redner beim Paulis-Kirta war. Er freute sich sichtlich, dass Josef Kufner die Bürgermeisterwahl im März für sich entschieden hat. „Auch Dank Deiner Hilfe“, meinte Kufner. Ein Wahlkampf-Video mit Weber habe gezeigt, „dass man auch als Junger gute Kontakte haben kann“.
Im Lauf des knapp einstündigen Treffens kam die kleine Runde auf den Besuch eines anderen einflussreichen Europa-Politikers zu sprechen. Am 4. April 2011 hatte Günther Oettinger als EU-Kommissar für Energie Hofkirchen besucht. Im Rathaus hatte sich Oettinger über die Situation informieren lassen. Hofkirchens damaliger Bürgermeister Willi Wagenpfeil gab zu verstehen, dass die Hofkirchener sich wünschen, dass die Industrie-Ruine eines Tages rückgebaut wird. „An dem Wunsch hat sich neun Jahre später nichts geändert“, gab der neue Bürgermeister zu verstehen. 3. Bürgermeister Georg Stelzer erinnerte an den Besuch des Bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger im März 2020 am Kraftwerk. „Klar, so ein Rückbau ist sehr teuer“, stellte Stelzer fest. Manfred Weber wies auf den Trend hin, dass Energie immer mehr dezentral erzeugt werde. Niederbayern mit seinen vielen Photovoltaikanlagen sei ein leuchtendes Beispiel dafür.
Ansonsten ging es um die Entwicklung Hofkirchens. Josef Kufner, seit 1. Mai im Amt, machte mit seinem Bericht deutlich: Es stehen viele Aufgaben an und wir sind schon mitten drin. Das Zentrum des Markts wird saniert, es werde eine „Neue Mitte“ entstehen. „Die Wintermonate nutzen wir für die Planung und die Information der Bürger, im Frühjahr beginnt der Abriss“, skizzierte Kufner den Ablauf. Weber lobte das Zusammenspiel von Kommune und privaten Investoren. Es sei richtig, im Innenraum eines Ortes Wohnraum zu schaffen.
Weber interessierte sich für den Hochwasserschutz. „Das ist bei uns perfekt gelaufen“, hieß es. 2012 sei er abgeschlossen worden, so dass Hofkirchen vom schlimmen Hochwasser 2013 verschont blieb. Als nächstes stehe die Schaffung eines Flutpolders südlich von Hofkirchen an. Mit der Realisierung sei 2022 zu rechnen.
„Wie geht’s weiter?“, lautete schließlich die Frage. „30000 Menschen sind im Passauer Raum in Kurzarbeit“, sagte Weber mit ernstem Gesicht. „Wir müssen den Herbst abwarten, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt.“ Wichtig sei, dass der Staat investiere. Weber: „Geld ist da. Was wir ebenso dringend brauchen, ist das Vertrauen, dass es wieder weiter geht.“
„Uns wird in diesem Jahr wegen der aktuellen Situation eine Million an Einnahmen fehlen“, gab 2. Bürgermeister Alois Wenninger zu bedenken. „Ich verstehe“, antwortete Weber, „dass man sich auch von Europa eine wirtschaftliche Unterstützung erhofft. Aber Niederbayern steht da nicht an 1. Stelle der Hilfsbedürftigen, da denken wir eher an Länder wie Rumänien und Bulgarien.“
Über die Baustelle vor dem Rathaus, vorbei an den schweren Steinen, ging es dann zum Auto mit belgischem Kennzeichen. Nächste Station: Neuschönau. Dort warteten die niederbayerischen Landräte auf Weber. Politik kennt keine Pause.
Quelle: pluspnp.de —Helmuth Rücker
Mehr im Vilshofener Anzeiger vom 17.07.2020 oder unter PNP Plus nach einer kurzen Registrierung