Wachsam bleiben für die Demokratie
Den ökumenischen Segen spendeten an der Gedenkstätte in Hofkirchen die beiden Geistlichen (vorn v.l.) Manfred Greinke und Gotthard Weiß. −Foto: Brunner
Hofkirchen
Zur Wachsamkeit, „um unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat zu schützen“, hat Landrat Raimund Kneidinger anlässlich des Volkstrauertages aufgerufen, den er auch als Signal der Versöhnung zwischen den Völkern der Erde verstanden wissen wollte.
Zum Schluss der zentralen Gedenkfeier am Ehrenfriedhof bei Hofkirchen bekundete der CSU-Kommunalpolitiker: „Verneigen wir uns in Trauer vor den Toten. Bleiben wir ihnen verbunden im Bewusstsein unserer dauerhaften Verpflichtung, für Frieden, Freiheit und Menschlichkeit einzutreten.“
Eingangs seiner Ansprache hatte Kneidinger die Tatsache ins Gedächtnis gerufen, dass dieser Kontinent vor nahezu acht Jahrzehnten Schauplatz eines entsetzlichen Weltenbrandes war. „Heute, da nur noch wenige Zeitzeugen von dieser dunkelsten Epoche berichten können, tun wir uns schwer mit dem Erinnern und Gedenken“, räumte der Landrat ein und appellierte umso inniger an die Zuhörer: „Dabei haben wir allen Grund dazu, gerade als Europäer.“ Denn die Bevölkerung Europas lebe mit ihrer historisch langen Periode des Friedens „doch fast wie auf einer Insel“.
Der Volkstrauertag 2021 stehe im Zeichen der besonderen Erinnerung an den grausamen und verlustreichen Angriffskrieg in Osteuropa mit dem Überfall auf die Sowjetunion vor 80 Jahren, betonte Kneidinger. Die Tradition des Erinnerns und Mahnens ist nach seinen Worten Ehrensache und Verpflichtung für den Landkreis Passau. Die bittere Erkenntnis, zu welcher Verrohung des Denkens und Handelns Menschen fähig seien, dürfe nicht in den Hintergrund geraten, so der Landrat.
Als Lehre aus dem Vernichtungskrieg im Osten und aus den aktuellen Ereignissen auf der Welt, die auch 2021 voller Verfolgung, Konflikte und Kriege sei, formulierte es Kneidinger, sich beständig in allen Bereichen des Lebens um die Werte menschlicher Zivilisation zu bemühen. Seit den 1960er Jahren werde im Totengedenken am Volkstrauertag auch der Opfer politischer, religiöser oder rassistischer Verfolgung gedacht, merkte der Redner ergänzend an und rückte alle Menschen – Frauen, Männer und Kinder – in den Mittelpunkt, die in Zeiten von Krieg und Terror ihr Leben lassen mussten. Aber auch auf die Frage, ob „Volkstrauer“ zwei Generationen nach Kriegsende überhaupt möglich sei, ließ der Passauer Landrat nicht außer Acht. Die Antwort darauf gäben auch die Teilnehmer an dem Gedenkakt, die damit dokumentierten, Opfer und Mahnung des Krieges nicht zu vergessen. „Und das gilt für alle Kriege, für alle Akte der Gewalt, bei denen Menschen ihr Leben lassen müssen“, wie Kneidinger hinzufügte. Als tief empfundenes Bedürfnis bezeichnete er es, an den Untergriesbacher Josef Kronawitter zu erinnern, der 2010 im Alter von 24 Jahren zusammen mit drei Bundeswehr-Kameraden in Afghanistan Opfer eines heimtückischen Anschlags geworden ist. „Mit seinem Schicksal ist die grausame Realität von Krieg und Gewalt direkt vor unsere Haustüre gekommen“, gab der Landrat zu bedenken.
In den Fokus der Aufmerksamkeit rückte Kneidinger am Mahnmal bei Hofkirchen unter anderem auch 45 Opfer des Ersten Weltkrieges, 72 Frauen und 71 Kinder sowie russische Hilfswillige, die auf deutscher Seite kämpften. Er machte darauf aufmerksam, dass hier ebenso Gefallene, die vorher in 391 Gemeindefriedhöfen oder in Feldgräbern in Niederbayern sowie in der Oberpfalz bestattet gewesen seien, ihre würdige letzte Ruhestätte gefunden hätten. Die Namen der 2747 bekannten Toten seien in der Kapelle verewigt, berichtete der Landrat, der die Feier als Zeichen des Einsatzes für Freiheit und Sicherheit ansah. Diese Opfer hätten bis in die jüngste Vergangenheit gezeigt, „wie hoch der Preis dafür sein kann“.
Kneidingers Dank galt insbesondere dem VdK-Kreisverband Vilshofen mit seinem aus gesundheitlichen Gründen entschuldigten Vorsitzenden Willi Wagenpfeil, Altbürgermeister von Hofkirchen, und dessen Stellvertreter Hans Stetter sowie den ehemaligen VdK-Führungskräften Max Kloiber und Gerhard Bernkopf sowie allen Engagierten, die seit Jahrzehnten diese zentrale Gedenkveranstaltung organisieren und vorbereiten. Anerkennung zollte der Landrat ebenso dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge für dessen Bemühen um den Erhalt und die Pflege der deutschen Soldatenfriedhöfe und somit auch der vor 62 Jahren eingeweihten Gräberstätte bei Hofkirchen. Nicht unerwähnt blieb die Ehrenabordnung der Bundeswehr – Reservisten der Heimatschutz-Kompanie Niederbayern aus Bogen unter dem Kommando von Oberstleutnant der Reserve Alois Kreipl – für das Geleit zum würdevollen Gedenken.
In einer ökumenischen Andacht riefen der evangelische Pfarrer Manfred Greinke und Hofkirchens Ortsgeistlicher Gotthard Weiß – zum letzten Mal nach 25 Jahren – dazu auf, die Toten Mahnung für die Lebenden sein zu lassen. „Vater, vergib uns und lehre uns den Weg Deines Friedens“, betete Greinke. „Still sind die Gräber, aber die Seelen sind in Deiner Hand“, hob Pfarrer Weiß hervor. Zur Instrumentalbegleitung der Knappenkapelle Kropfmühl stimmten alle am Schluss die Bayern-Hymne und die Deutsche Nationalhymne an. —Bernhard Brunner
Quelle: pluspnp.de —−—Bernhard Brunner
Mehr im Vilshofener Anzeiger vom 15.11.2021 oder unter PNP Plus nach einer kurzen Registrierung