Elektromeister Michael Weinberger (46) könnte sich die Hände vor Freude reiben. Die Auftragslage ist bestens. Er lacht mit ironischem Unterton. „Ehrlich gesagt, können wir uns vor Arbeit nicht mehr retten“, schildert er seine Situation. Und diese werde immer dramatischer. „Ich bin stinkesauer“, sagt er jetzt ohne jede Ironie, sondern mit hartem Gesichtsausdruck und voller Groll. „Die Gemeinde Eging hat meinen besten Mann abgeworben.“
Weinbergers Betrieb in Garham ist nicht groß. Er hat ihn 2012 gegründet. Er als Meister und die drei Gesellen hatten alle Hände voll zu tun. Eine gute Basis war, dass man quasi Haus- und Hofelektriker der Gemeinde Eging war. „Ausgerechnet die Gemeinde holt sich jetzt die Stütze meines Betriebes ins Haus“, ärgert sich Weinberger. „Wo kommen wir da hin, wenn eine Gemeinde anfängt, Fachkräfte abzuwerben.“
Weinberger sah sich gezwungen, auch jenen Gesellen zu entlassen, der mit seinem guten Mann ein Arbeits-Duo bildete. Erschwerend kommt dazu, dass sein verbliebener Geselle im Sommer nächsten Jahres in Rente geht. Weinberger ganz nüchtern: „Ich muss mich fragen: Werkle ich allein weiter oder sperre ich den Betrieb zu.“
Ihn ärgert das Verhalten der Gemeinde Eging derart, dass er nicht mehr bereit ist, künftig Aufträge der Kommune anzunehmen. Sein Geselle könne als Hausmeister die Arbeit nicht übernehmen, sei doch die Gesetzeslage in Deutschland so, dass für den Bereich Elektrotechnik die Meisterpflicht gelte.
Egings Bürgermeister Walter Bauer weist den Vorwurf einer Abwerbung zurück. Der Geselle, der in Eging wohne, habe ihn vor längerer Zeit angesprochen, dass er an einer Arbeit bei der Gemeinde interessiert sei. „Das hat sich nun ergeben, da der Betriebstechniker der Sonnentherme in Rente geht.“ Nachfolger wird sein bisheriger Stellvertreter, der Geselle aus dem Betrieb Weinberger rücke nach. Ein Betriebstechniker mit Elektriker-Kenntnissen sei sicherlich von Vorteil. Bauer: „Wenn es notwendig ist, werden wir eine Fachfirma beauftragen.“ Man werde sich an die Vorschriften halten.
Kreishandwerksmeister Siegfried Piske aus Vilshofen kennt die Probleme der Handwerksbetriebe. „Sie bilden Maurer, Elektriker, Heizungsbauer und Schreiner aus und verlieren sie dann an die Industrie“, hat Piske beobachtet. Betriebe wie Knorr-Bremse, BMW oder Zahnradfabrik würden attraktive Arbeitsplätze anbieten. „Jeder hat sein Recht, sich zu entwickeln“, meint Piske. „Aber wo soll das enden: Zuletzt gab es für zwei Landkreise nur noch drei Metzger-Gesellen“, nennt er ein Beispiel. Er habe in seinem Betrieb 33 Lehrlinge ausgebildet – nur noch einer sei bei ihm.
„Der Fachkräfte-Mangel ist ein Megathema“, sagt Hans Schmidt, stv. Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. Seit drei Jahren spüre man deutlich, dass es immer weniger Nachwuchs gebe. „In Niederbayern hatten wir bei den Ausbildungsverträgen ein Minus von 1,9 Prozent – und das war eine gute Zahl.“ Woanders seien es rund fünf Prozent. Ob Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer – man bemühe sich, mit Imagekampagnen dem Trend entgegenzuwirken. Schließlich laufe die Wirtschaft nach wie vor gut, die Betriebe seien einem verschärften Wettbewerb um gutes Personal ausgesetzt. Das hat auch Siegfried Piske zu spüren bekommen. „Ich habe mit einem Inserat nach einem Maurermeister gesucht. Null Anrufe, null Anfragen.“