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Rückschau mit einem Gläschen Sekt

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Ein Prost auf die Zukunft: 18 Jahre war Willi Wagenpfeil Bürgermeister von Hofkirchen. Jetzt geht er mit einem zufriedenen Lächeln in den Ruhestand. Das Amt und die Kette übergibt er an Josef Kufner. −F.: Scholz
Ein Prost auf die Zukunft: 18 Jahre war Willi Wagenpfeil Bürgermeister von Hofkirchen. Jetzt geht er mit einem zufriedenen Lächeln in den Ruhestand. Das Amt und die Kette übergibt er an Josef Kufner. −F.: Scholz

Herr Wagenpfeil, wie vereinbart der Anruf. Sind Sie bereit?
Willi Wagenpfeil: Ich habe mir gerade ein Gläschen Sekt eingeschenkt. Wegen mir kann‘s losgehen.

Oha, ein Sektchen am Nachmittag. Nicht schlecht…
Willi Wagenpfeil: Ich habe gerade meine letzte Amtshandlung mit Amtskette gehabt. Und das darf man doch würdig abschließen, oder?

Was war‘s denn für eine Amtshandlung?
Willi Wagenpfeil: Eine Trauung. Nur das Brautpaar und ich. Kein Händedruck, alles in gebotenem Sicherheitsabstand. Schon ungewohnt. Aber ich hoffe, das Brautpaar erinnert sich trotzdem gerne an diesen Tag. Ich habe mir zumindest Mühe gegeben, dass es eine feierliche Trauung wird.

Wie viele Paare haben Sie als Standesbeamter denn verheiratet?
Willi Wagenpfeil: 15 bis 20 Trauungen haben wir im Schnitt jedes Jahr in Hofkirchen. Rechnet man das hoch, müssten es in 18 Jahren gut 300 gewesen sein. Und es ist immer etwas Schönes. Oft sind bis zu 60 Leute dabei und da freut man sich auch als Standesbeamter mit.

Aber als Bürgermeister hat man ja nicht nur mit schönen Dingen zu tun. Was war ihr schwerster Moment?
Willi Wagenpfeil: Das war der plötzliche Tod von Josef Käspeitzer letztes Jahr. Dass der Sepp nicht mehr da ist, tut bis heute weh. Und da meine ich nicht nur den Gemeinderat, sondern den Menschen Josef Käspeitzer. Und dann gibt es natürlich die anderen Todesfälle, über die man als Bürgermeister benachrichtigt wird, wenn etwa jemand aus dem Gemeindegebiet bei einem Unfall ums Leben kommt…

Wenn man mit allen Tiefen des Lebens als Bürgermeister konfrontiert wird – kann man sich darauf vorbereiten?
Willi Wagenpfeil: Ich war 30 Jahre Berufssoldat, hatte meine Soldaten in Bosnien und Afghanistan im Einsatz. Da hat man viel erlebt, viel kommuniziert und viel verarbeitet.

Wie war für Sie denn die Umstellung von der Kaserne ins Rathaus?
Willi Wagenpfeil: Ich hatte nicht viel Zeit zum Überlegen, habe meinem Vorgesetzten nur gesagt: Wenn ich am Montag nicht komme, dann bin ich Bürgermeister geworden. Und so war‘s dann auch.

Sie haben als SPD-ler Josef Weiß beerbt. Er war 30 Jahre CSU-Bürgermeister, zunächst von Garham, nach der Gebietsreform von Hofkirchen. Eine Überraschung?
Willi Wagenpfeil: In der Kommunalpolitik ist die Partei nicht so ausschlaggebend. Mein Parteibuch war nie ein Nachteil, ich war deswegen nie in Erklärungsnot – auch wenn es in den 38 Landkreis-Gemeinden nie mehr als vier SPD-Bürgermeister gleichzeitig gab (lacht).

Trotzdem muss es Ihnen doch weh tun, dass die SPD auf Landes- und Bundesebene so wenig Zustimmung bekommt.
Willi Wagenpfeil: Oh ja, das sind unschöne Zahlen. Die Bayern SPD liegt jetzt bei rund zehn Prozent. Das macht‘s nicht leichter.

Was sind die Gründe?
Willi Wagenpfeil: Das ist einmal das personelle Angebot. Und als Juniorpartner in einer Koalition kann man nicht wählerwirksam arbeiten. Man verliert an Profil, auch wenn die Minister gute Arbeit machen. Das ist wie in der Kommunalpolitik: Erfolge und Misserfolge werden immer erst dem Bürgermeister zugeschrieben beziehungsweise angelastet, obwohl wir wie jeder Gemeinderat nur eine Stimme haben. Das müsste differenzierter betrachtet werden. Aber vergleichen Sie es mit der aktuellen Situation: Was in Bayern wegen Corona geschieht, wird alles Ministerpräsident Markus Söder zugeschrieben.

Sind Sie als Bürgermeister mit dem Krisenmanagement zufrieden?
Willi Wagenpfeil: Ich bin nicht mit allem einverstanden, auch wenn ich nicht in der Haut derer stecken möchte, die in dieser schwierigen Situation entscheiden müssen. Sicher sind die Entscheidungsträger gut beraten, wissen mehr als das einfache Volk. Aber mich würde beispielsweise interessieren: Wann kann ich das Freibad Hofkirchen wieder aufmachen und wie soll es funktionieren, dass die Zwei- bis 80-Jährigen, die es nutzen, bestmöglich geschützt sind? Der Vorteil der Demokratie ist, dass es für alles Zuständigkeiten gibt, die man als Kommune dann umsetzt.

Apropos Freibad – da haben Sie bayernweit ja für Aufsehen gesorgt, weil sie sich mit einer Petition an den Landtag gewandt haben. Es ging darum, dass die Sanierung von Freibädern bis dato nicht subventioniert wurde.
Willi Wagenpfeil: Genau. Das kann ja auch nicht sein. Einerseits müssen Bäder schließen, weil sich die Gemeinden den Erhalt nicht leisten können, andererseits wird beklagt, dass die Kinder nicht mehr schwimmen können. Auch wenn unsere Petition formal zurückgewiesen wurde, haben wir dennoch erreicht, das der dritte Sanierungsabschnitt mit 182000 Euro gefördert wird.

In einem anderen Fall hat die Gemeinde sich gegen die Telekom zur Wehr gesetzt – ebenfalls erfolgreich, auch wenn Sie dafür vor Gericht ziehen mussten.
Willi Wagenpfeil: Da ging‘s um viel Geld. Weil eine Leitung angebaggert worden war, war halb Hofkirchen ohne Wasser. An einem Freitagnachmittag. Da mussten wir einfach schnell handeln, mit 300000 Euro in Vorleistung gehen und dann schauen, wie wir uns das Geld im Nachgang wieder holen. Das war lange belastend, ist aber gut ausgegangen…

… genauso wie der Streit vor dem Verwaltungsgericht wegen des Hochwasserschutzes.
Willi Wagenpfeil: 2012 haben wir den gebaut. Gerade noch rechtzeitig. Denn wenn er ein Jahr später gekommen wäre, dann wäre die Donau durch Hofkirchen geflossen. Gestritten haben wir übers Geld, weil die Baukosten von 6,5 Millionen Euro deutlich unterschritten wurden. 5,3 Millionen Euro hat‘s gekostet. Und wir wollten den Beitrag, den die Gemeinde dafür zahlen sollte, entsprechend reduzieren. Das Wasserwirtschaftsamt sah dies zunächst anders. Aber letztlich haben wir einen Vergleich geschlossen, mit dem Hofkirchen sehr gut leben konnte. Alles in allem war der Hochwasserschutz die wichtigste Baumaßnahme in meiner 18-jährigen Amtszeit.

Und was war die wichtigste Entscheidung?
Willi Wagenpfeil: Das war die Ausweisung des Gewerbegebietes an der A3. Aus heutiger Sicht war es richtig. Aber 2007/2008 mussten wir uns schon die Frage stellen, ob wir dieses Risiko auf uns nehmen wollen oder ob es uns das Genick bricht. Der Gemeinderat hat sich einstimmig dafür ausgesprochen – und im Nachhinein war es der Schlüssel zum Erfolg.

Gibt es etwas, was Sie heute anders machen würden?
Willi Wagenpfeil: Eigenlich nicht. Kleinigkeiten laufen immer mal schief, aber echte Fehler sind nicht passiert. Das lag auch daran, dass der Marktrat gute Arbeit geleistet hat und dass wir für jeden Bereich einen Profi im Gremium haben. Wenn die Kompetenz da ist, dann ist schon viel gewonnen.

Der nächste Bürgermeister und Marktrat ist gewählt, mit Ihnen verlassen noch acht Mitglieder das Gremium. Einen große Abschiedsfeier wird es nicht geben können wegen Corona.
Willi Wagenpfeil: Ja, leider. Dabei hätte ich mich sehr gerne für Kollegialität, Anstand und die Freude, die mir die Arbeit gemacht hat, offiziell bedankt. Aber es soll nicht sein. Ich habe mir für die letzten Tage keine offiziellen Termine mehr gelegt, damit ich jeden ausscheidenden Gemeinderat persönlich besuchen kann. Und ob wir eine Verabschiedung später nachholen? Ich weiß es nicht. Vielleicht passt es dann einfach nicht mehr. Man wird sehen.

Und was macht Willi Wagenpfeil ab Freitag?
Willi Wagenpfeil: Ich habe mir fest vorgenommen, richtig gut Englich zu lernen, wollte bei der vhs einen Kurs machen. Aber der findet wegen Corona erstmal nicht statt. Außerdem habe ich dem Schiedsrichter-Obmann schon gesagt, dass er mich nicht mehr nur für die Fußballspiele am Sonntagnachmittag um 15 Uhr einteilen kann, sondern beliebig, weil ich ja jetzt dann Zeit habe. Aber Spiele finden bekanntlich ja wegen Corona auch nicht statt. Also muss ich für den Anfang umdisponieren: Sportlich aktiv will ich sein, werde mich mit Radfahren und Schwimmen fit halten. Außerdem werde ich Haus und Garten genießen. Und auf was ich mich ganz besonders freue, ist, dass ich mehr Zeit für meinen Enkel Korbinian habe. Er ist zwei und fast täglich bei uns. Aber ganz verplanen lassen darf ich mich von ihm nicht.

Das klingt jetzt nicht so, als ob der Bürgermeister in seinem Ruhestand in ein schwarzes Loch fällt. Dann also Prost auf das, was kommt.
Willi Wagenpfeil: Anstoßen kann ich nicht übers Telefon. Das Gläschen Sekt ist leer. Aber ich freue mich auf die Zukunft und wünsche dem neuen Marktrat und Bürgermeister Josef Kufner so viel Zusammenhalt und Freude, wie ich erlebt habe.

Das Gespräch führte Carmen A. Laux

Quelle: plus.pnp.de   —Carmen A. Laux
Mehr im Vilshofener Anzeiger vom 30.04.2020 oder unter PNP Plus nach einer kurzen Registrierung

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