Nach teils hitziger Diskussion, die immer wieder durch Beifallsbekundungen aus dem überfüllten Zuhörerraum unterbrochen wurde, hat sich der Marktgemeinderat Hofkirchen am Dienstagabend darauf geeinigt, dass der künftige 1. Bürgermeister in hauptamtlicher Funktion für die Kommune tätig sein wird. Entsprechende Anträge von CSU und ÜW, die nahezu gleichlautend formuliert gewesen waren, befürwortete das Gremium mit 11:6 Stimmen. Die Geister schieden sich vor allem an einer Gegenüberstellung der Bezüge im Ehren- und im Hauptamt, die ein erboster Besucher zum Schluss als „Milchmädchenrechnung“ verteufelte.
Unter dem gewohnt letzten Tagesordnungspunkt hatte sich Bürgermeister Willi Wagenpfeil (SPD) mit Blick zum Publikum nach aktuellen Bürgeranfragen erkundigt und daraufhin die Kritik eines Zuschauers an dem von der Verwaltung erstellten Zahlenspiel zur künftigen Einstufung des 1. Bürgermeisters erhalten. Er fühle sich bei dem Vergleich der Summen – einmal auf ein Jahresgehalt bezogen, dann wiederum auf die Ausgaben während einer aktiven Dienstzeit über einen Zwölf-Jahres-Zeitraum, dann wiederum die Versorgungsausgaben in 15 Jahren betreffend – „schon ein bisschen verscheißert“, bekundete der Wortführer, der die Debatte mangels Sitzplatz stehend verfolgt hatte.
Der Bürgermeister nahm Rathaus-Geschäftsleiter Gerhard Deser in Schutz und veranlasste, dass dem Kritiker die zuvor präsentierte Auflistung als Ausdruck an die Hand gegeben wird. Ausdrücklich verwahrte sich Wagenpfeil gegen den Ausdruck „Milchmädchenrechnung“.
Den Stein ins Rollen gebracht hatten die Marktratsfraktionen von CSU und ÜW auf Änderung der „Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts“ in Bezug auf die Frage, ob der Nachfolger Wagenpfeils – er kandidiert zur Kommunalwahl am 15. März 2020 nicht mehr – Beamter auf Zeit oder Ehrenbeamter sein soll wie der amtierende Bürgermeister, zugleich Pensionsempfänger als ehemaliger Berufssoldat der Bundeswehr. Die Entscheidung darüber muss spätestens am 90. Tag vor der Wahl fallen.
Vorausgeschickt hatte Wagenpfeil die Information, dass in Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern der 1. Bürgermeister ehrenamtlich sei, ab 5000 Einwohnern stets hauptamtlich. Über die Regelung dazwischen müsse jeweils befunden werden. Dazu hat die Hofkirchener Verwaltung im September die bereits erwähnte Vergleichsrechnung an die Markträte verschickt, wie Wagenpfeil anmerkte. Aus ihr gehe hervor, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister immer nach Beamtenbesoldungsstufe „A 15 Endstufe“ (jährlich 133999,60 Euro im Jahr 2020) bezahlt werde. Die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Mandatsträger (in der Übersicht auf 67183,00 Euro pro Jahr beziffert) lege der Gemeinderat fest, so der Bürgermeister, der hinzufügte, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister erst nach zehnjähriger Tätigkeit pensionsberechtigt ist.
Christian Pauli, Jugendbeauftragter und Bürgermeister-Kandidat für die SPD, machte deutlich, dass er sich als pensionierter Beamter schon früh dazu bekannt habe, die Marktgemeinde ehrenamtlich zu leiten. Auch der bisher einzige andere Bewerber um den Rathaus-Chefsessel, Josef Kufner (CSU), wäre zu dieser Regelung bereit, meinte Pauli und empfand daher die Anträge von CSU und ÜW als „verwunderlich“. Er brachte die Möglichkeit ins Spiel, dass der künftige Bürgermeister zunächst ehrenamtlich tätig sein solle. Bei einer Wiederwahl nach sechs Jahren könnte man die Amtsführung immer noch in hauptamtlich ändern. „Wie wenn ich einen Lehrling als Direktor einstelle“, beschrieb Pauli seine Sicht der Dinge.
Es sei schwer vorstellbar, das Bürgermeisteramt in Hofkirchen nebenbei ehrenamtlich zu erledigen, konterte 2. Bürgermeister Georg Stelzer (ÜW). Für die Hauptamtlichkeit plädierte Ga-briele Stocker (SPD), „weil ich die Ehrenamtlichkeit als Belastung für Angestellte oder Selbständige sehe.“ Ein Bürgermeister-Bewerber aus der freien Wirtschaft müsse dazu bei seinem bisherigen Arbeitgeber kündigen, gab sie zu bedenken und warnte davor, den Nachfolger Willi Wagenpfeils auf zwei Hochzeiten tanzen zu lassen. Die Markträtin forderte unter dem Beifall der Zuhörer die Gleichbehandlung für alle Bewerber.
„Schöner hätte es die CSU-Fraktion nicht formulieren können“, erklärte CSU-Fraktionschef Alois Kapfhammer, der monierte, dass sich die Vergleichsberechnungen der Verwaltung verwischen. Es könne nicht sein, dass ein ehrenamtlicher Bürgermeister weniger verdiene als der Rathaus-Geschäftsleiter, meinte Kapfhammer, der außerdem die Richtigkeit der präsentierten Zahlen anzweifelte.
Auf Willi Wagenpfeils Frage nach seiner Informationsquelle erwiderte der CSU-Mann, dass ihn dies nichts angehe, was Wagenpfeil empört mit der Bemerkung „Alles was Recht ist“ quittierte.
Sich nicht an Zahlen festzubeißen, dazu rief Alois Wenninger (CSU) die Kollegen auf und bat um Gleichbehandlung der bisherigen Bewerber um Wagenpfeils Nachfolge, von denen es der SPD-Kandidat ehrenamtlich machen könnte, weil er Pensionist sei. „Es geht nur hauptamtlich“, unterstrich Wenninger, dem die Zuhörer Beifall gaben.
Ähnlich äußerte sich Anita Penzenstadler (CSU). „Ein Bürgermeister muss für mich immer präsent sein, und das geht nur mit der Hauptamtlichkeit“, sagte sie. Als Nullsummen-Spiel wertete es Johanna Feilmeier (ÜW), die fehlende Verfügbarkeit eines ehrenamtlichen Bürgermeisters mit der Einstellung eines Verwaltungsmitarbeiters auffangen zu wollen. „Das kostet auch Geld.“
Als „an der falschen Stelle gespart“ beurteilte Alfred Scherer (SPD) eine solche Vorgehensweise und prangerte die Benachteiligung von Nicht-Beamten in der Politik allgemein an. Petra Kloiber (SPD) machte auf die Verluste der Ansprüche auf Beamtenpension nach einer vorzeitigen Abwahl aufmerksam. „Ich möchte einen Bürgermeister, der immer da ist“, schaltete sich Gerold Schöfberger (CSU) in die Debatte ein.
Willi Wagenpfeil sagte, dass die Bezahlung eines ehrenamtlichen Bürgermeister so gut sei, um damit im Hauptberuf eine Familie ernähren zu können. „Das zahlt der Staat“, rief Alois Kapfhammer erbost dazwischen. Es gehöre zur Fürsorgepflicht einer Kommune, einen Bürgermeister ein finanzielles Auskommen zu geben. Georg Stelzer: „Von 4000 Euro als ehrenamtlicher Bürgermeister kann keiner leben.“
Auf die Geldersparnis durch die Ehrenamtlichkeit des 1. Bürgermeisters pochte SPD-Fraktionsvorsitzende Ingrid Weinzierl.
Nach rund 45-minütigem verbalem Hin und Herr ließ Willi Wagenpfeil schließlich abstimmen. Mit 11:6 war das Votum deutlich. –Bernhard Brunner