Geld verdienen mit dem Geld der anderen
Inge Habereder genießt die neue Freiheit und möchte mit ihrem Mann wieder öfter verreisen. −Foto: Hirtler-Rieger
Hofkirchen
Den Beginn ihres Ruhestands hatte sie sich wirklich anders vorgestellt. Am allerersten Tag, dem 1. Januar, musste sie in Quarantäne gehen, weil sie sich das Coronavirus eingefangen hatte. Kein Sekt und keine Häppchen, alles wurde verschoben, erzählt Inge Habereder (65) und lacht.
Kerzengerade sitzt sie da, mit schwarzer Hose, Jackett und schwarzweiß gemusterter Bluse immer noch wie eine Business-Lady gekleidet. Jahrzehntelang hat sie das Geld der Bürger aus Vilshofen, Garham und Hofkirchen verwaltet. Mit 16 begann sie ihre Ausbildung in der Vilshofener Raiffeisenbank. Am Ende war sie Leiterin der Geschäftsstelle Hofkirchen der Volksbank-Raiffeisenbank Vilshofen.
Der professionelle Umgang mit Münzen und Scheinen, mit Krediten, Versicherungen und Wertanlagen hat sie geprägt. Die Zufriedenheit des Kunden war das Maß der Dinge: „Was er braucht, soll er bekommen. Aber es musste vernünftig sein“, sagt sie und schaut ein wenig streng. Dabei halfen ihr Eigenschaften, die ihr in die Wiege gelegt wurden: ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn sowie die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und konsequent danach zu handeln. Schon im Elternhaus in Windorf, erzählt sie spitzbübisch, hatten die Eltern mit ihrem starken Willen zu kämpfen.
In Vilshofen erlernte sie seit 1972 das Bankgeschäft. Später baute sie in Garham ein Haus und war zunächst gar nicht erfreut, als ihr dort ab 1996 die Geschäftsstellenleitung angetragen wurde. Am selben Ort zu leben wie die Kundschaft, die dann am Wochenende möglicherweise privat vorstellig wird, weil man die Karte versehentlich im Automaten stecken ließ – da war Skepsis geboten.
Doch es funktionierte und sie managte das Ganze so erfolgreich, dass sie ab 2001 zusätzlich die Geschäftsstelle Hofkirchen mitbetreute. Als die Garhamer Filiale dann 2005 geschlossen wurde, steuerte sie die Bankgeschäfte von da an in der Hofkirchener Bankfiliale auch für die Garhamer Kundschaft. Sie erlebte ihre Sorgen und Nöte hautnah, doch private Schicksale sind bei ihr gut aufgehoben: Diskretion ist oberstes Gebot.
Nicht immer drehte sich bei Inge Habereder alles um das liebe Geld. Mit Mitte 20 wurde ihr in Vilshofen zusätzlich zur Schalterleitung angeboten, das kleine Reisebüro der Raiffeisenbank mit zu betreuen. Als das Geschäft mit dem Fernweh boomte, wurde aus dem Zimmerchen in der Bank ein professionelles Reisebüro in Aidenbach, wo sie bis 1995 Reiselustige beriet und Nah- und Fernreisen buchte. Ein aufregendes Terrain, das ihr gut gefiel. Sie erfand zusammen mit dem Vorstand die Marke „Eine Stadt geht auf Reisen“ und flog als Reiseleiterin gleich beim ersten Mal mit 130 Touristen nach Malta. „Diese Resonanz hat mich wirklich überrascht!“
Viel hat sie dadurch von der Welt gesehen, bis sie auf eigenen Wunsch wieder ins ursprüngliche Bankgeschäft zurückkehrte. Den Beruf würde sie heute sofort wieder ergreifen, sagt sie, wenn auch die Anforderungen immens gewachsen seien: „Da hat sich schon sehr viel verändert.“ Online wurden ganz neue Wege beschritten. Hat sie heute überhaupt noch Münzen und Scheine in der Tasche? „Natürlich“, sagt sie mit Überzeugung in der Stimme: „Ich zahle auch mit Karte, aber ich habe immer Bargeld bei mir!“ — Gesine Hirtler-Rieger
Quelle: pluspnp.de –Gesine Hirtler-Rieger
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