Energiewende in der Praxis
Die Besuchergruppe der FWG in der Werkhalle der Firma Paul Nutzfahrzeuge in Albersdorf. Die Stadträtinnen Silvia Ragaller (l.) und Brigitte Pollok-Will (3. v. l.) und Firmenchef Josef Paul (r.) vor dem emissionsfreien Bus. −Foto: VA
Vilshofen / Albersdorf
„Die Verkehrswende findet in Vilshofen statt“ – so hat Firmenchef Josef Paul die Pionierarbeit der Paul Nutzfahrzeuge kurz zusammen beim Besuch der FWG Vilshofen. Die war beeindruckt – von der interessanten Führung durch den Betrieb und den Ausführungen des Firmenchefs. Die Stadträtinnen Brigitte Pollok-Will und Silvia Ragaller bedankten sich ausdrücklich für die geduldige Beantwortung aller Fragen, mit denen die FWG nach Albersdorf gekommen war.
Die Mitglieder erfuhren, dass die Firma Paul insgesamt 500 Mitarbeiter in Vilshofen und Passau beschäftigt, Nutzfahrzeuge nach Kundenwunsch umbaut und Aufbauten für alle Nutzfahrzeugtypen fertigt. Auch bei Entwicklung, Konstruktion und Neubau von Sonderfahrzeugen werden sämtliche Schritte von der Konzeption bis zur Fertigstellung übernommen.
Besonders spannend waren für die Besucher die Ausführungen von Josef Paul zu Wasserstoff- und E-Mobilität. Man habe gemeinsam mit Maier Korduletsch und Shell Deutschland das „Next Mobility Accelerator Consortium“ gegründet, das auf dem ITS World Congress in Hamburg erstmalig den ersten, mittelschweren Brennstoffzellen-Lkw vorgestellt habe. „Wir haben das Wasserstoff-Fahrzeug entwickelt und werden mit dem Start der Serienproduktion, gemeinsam mit zertifizierten Partnern, auch Service, Wartung und Teileversorgung gewährleisten, ebenso die Schulung der Fahrzeuglenker und Werkstätten bis hin zu Abschleppunternehmen“, erklärte der Firmenchef.
Der Brennstoffzellen-Lkw habe eine Reichweite von 350 bis 500 Kilometern und könne innerhalb von 10 bis 15 Minuten vollgetankt werden, berichtete Josef Paul. Der Wasserstofftank fasse 30 Kilogramm. „Der Start der Serienproduktion ist für 2023 geplant“, so Josef Paul. Auf Nachfrage schränkte er aber auch ein, dass die Brennstoffzellentechnik nicht für alle Nutz- und Sonderfahrzeuge geeignet sei, da die Brennstoffzelle „saubere“ Luft benötige. „Ich bin überzeugt, dass zum Beispiel bei Baggern ein mit Wasserstoff betriebener Verbrennermotor sinnvoll und notwendig ist“, sagt er. Für den innerstädtischen Lieferverkehr mit Reichweiten bis zu 200 Kilometer sehe er dagegen ein rein elektrisch betriebenes Fahrzeug im Vorteil. Die verschiedenen Antriebsarten müssten für den jeweiligen Einsatz optimal eingesetzt werden. Für die Berliner Stadtreinigung habe die Firma Paul habe beispielsweise 50 Fahrzeuge auf Elektroantrieb umgerüstet.
Auf die Frage nach dem Forschungs- und Entwicklungsstand der Wasserstofftechnik, erläuterte Josef Paul, dass die Brennstoffzelle ausentwickelt sei und in Serie produziert werden könne, dass es aber verstärkt Entwicklungsbedarf bei der Lagerung und dem Transport von Wasserstoff gebe, ebenso beim Ausbau der Infrastruktur. In Passau werde 2023 eine erste große Wasserstofftankstelle eröffnet. Der erste Spatenstich fand im Beisein des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger jüngst in Passau statt.
Josef Paul sprach sich sehr deutlich für die Erzeugung von Wasserstoff durch dezentrale Elektrolyseure aus und vor allem für den Abbau der vielen bürokratischen Hemmnisse, die die praktische und schnelle Umsetzung der Verkehrs- und Energiewende behinderten.
Auf Interesse der FWG stieß auch, dass die Firma alte Omnibusse „recycelt“, das heißt vollständig überholt und umbaut, so dass sie in einem zweiten Leben mit neuer Elektroantriebstechnik eingesetzt werden können, und in der Anschaffung deutlich günstiger sind als Neufahrzeuge. − va
Quelle: plus.pnp.de — va
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