Bäume und eine Insel für die Urnen
Eine bepflanzte Insel ist inmitten der Erdgräber entstanden. „Mir tut heute noch das Kreuz weh von der vielen Arbeit“, scherzt Anna Reither von der Kirchenverwaltung im Gespräch mit Kirchenpfleger Johann Kallinger (Mitte) und Pfarrer Gotthard Weiß. −Fotos: Baumgartl
Hofkirchen
Die Gesellschaft wandelt sich und mit ihr die Bestattungskultur. „In allen Friedhöfen entstehen immer mehr Lücken“, erklärt Pfarrer Gotthard Weiß und deutet auf das Stück Gras vor seinen Füßen. Dort sind ganz schwach noch die Umrisse eines ehemaligen Grabes zu erkennen. Es wurde aufgelassen. Dabei liegt es nicht im alten Teil des Hofkichener Friedhofs, sondern im neuen Teil von 1989.
Damals war der Friedhof erst 30 Jahre alt. Doch der Platz wurde knapp und die katholische Pfarrkirchenstiftung erweiterte das Gelände um 7000 Quadratmeter. Dann kam der Boom der Feuerbestattungen. Was damals noch eine Seltenheit war, ist heute fast schon der Normalfall. Das zeigt ein Blick über die Donau nach Vilshofen. „75 Prozent aller Bestattungen sind Urnenbestattungen“, teilt Ordnungsamtsleiter Peter Wallner mit. Auf den drei städtischen Friedhöfen Vilshofen, Sandbach und Pleinting ist für die Urnen Platz in 3000 Erdgräbern, in Urnenwänden und seit 2002 in einer anonymen Sammelgrabstätte. Egal, wo die Asche der Verstorbenen zur letzten Ruhe gebettet wird – es wird nicht mehr so viel Platz benötigt wie bei einer traditionellen Beisetzung im Sarg.
Dem trägt die katholische Pfarrgemeinde Hofkirchen jetzt Rechnung. Sie hat den neuen Teil ihres Friedhofs umgestaltet und dort neben den Erdgräbern auch naturnahe Bestattungsmöglichkeiten für 90 Urnen geschaffen. Dort, wo bis zum vergangenen Herbst ein höher wachsende Sträucher den neuen Friedhof optisch vom alten abschnitten, erstreckt sich jetzt eine ansprechend gestaltete Pflanzeninsel. 40 Urnengräber haben dort Platz, die Pflege übernimmt die Friedhofsverwaltung. „Die Gesellschaft wandelt sich“, sagt Anna Reither, Mitglied der Hofkirchener Kirchenverwaltung, „die Leute sind nicht mehr so ortsgebunden. Viele haben hier keine Angehörigen. Wir wollen den Menschen eine Bestattungsmöglichkeit bieten, ohne die Hinterblieben mit der Grabpflege zu belasten.“ Trotzdem soll es für die Angehörigen einen Ort geben, den sie zum Trauern aufsuchen können. Kirchenpfleger Johann Kallinger zeigt den Entwurf eines Namensschildes für jedes Urnengrab. Nur die Größe ist einheitlich, Schriftart und Material (Metall, Glas oder Stein) lassen sich frei wählen. Kallinger: „Auch Neuentwicklungen wie zum Beispiel ein QR-Code wären möglich.“
Blauer Lavendel rahmt die Urnen-Insel ein, aus der Mitte leuchten die roten Blätter eines Amberbaums. Aus einem Findling ragt ein historisches Grabkreuz hervor. Es stammt vom (ganz) alten Friedhof neben der Pfarrkirche, der bis 1957 genutzt wurde. Später fand man es zusammen mit weiteren Marterln auf dem Dachboden der Kirche. Kirchenpfleger Johann Kallinger – ein Kirchenmaler im Ruhestand − hat die Kreuze jetzt fachgerecht renoviert und nun stehen sie im neu gestalteten Friedhofsbereich. Neben der Urnen-Insel wurden zwei Bäume gepflanzt. Je sechs Urnen-Grabstellen finden darunter Platz. Ein Stück weiter, in einem bislang ungenutzten Bereich am Rand des neuen Friedhofs, stehen in der Wiese sechs weitere Bäume. Auch hier können je sechs Urnen bestattet werden. „Noch läuft die Kostenkalkulation und die Abstimmung mit der Diözese. Aber es gibt bereits mehrere Interessenten“, sagt Kirchenpfleger Johann Kallinger und Anna Reither von der Kirchenverwaltung ergänzt: „Es gibt für Familien auch die Möglichkeit, einen Baum für sich alleine zu nehmen.
Auf vielen Friedhöfen verteilen sich die Lücken unregelmäßig und sind nur schwer sinnvoll zu gestalten. In Hofkirchen ist dies anders, weil der Erweiterungsteil nie voll genutzt wurde. Und der Platz für die Urnen-Insel entstand durch das Roden der einstmals gesetzten Strauchgruppe, die mit den Jahren immer mehr zum Hindernis wurde. „Wir haben sie zweimal im Jahr schneiden lassen, aber sie wurde immer schwerer zu pflegen. Irgendwann war das nicht mehr machbar“, erzählt Kirchenpfleger Kallinger. So griffen die Hofkirchner im Herbst 2020 zu Säge und Schaufel. Sie rodeten das Gebüsch, legten im Frühjahr die Urnen-Insel an und pflanzten die neuen Bäume. „Alle Arbeiten wurden durch Mitglieder der Kirchenverwaltung und des Pfarrgemeinderats ausgeführt, unterstützt von spontanen freiwilligen Helfern“, betont der Kirchenpfleger.
Sechs Urnengräber finden unter jedem der neuen Bäume Platz – bei Bedarf wird nachgepflanzt.
Quelle: pluspnp.de —−Helene Baumgartl
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