Neuer Kreisbrandinspektor spricht über die Zukunft des Feuerwehrdienstes

Hofkirchen

Zum 1. September hat der Hofkirchner Christian Schneider die Verantwortung als Kreisbrandinspektor für den Bereich Passau Nord mit 31 Feuerwehren übernommen. Schneider, der von den Kommandanten im KBI-Bereich Anfang des Jahres einstimmig ins Amt gewählt wurde, ist in der Kreisbrandinspektion kein Unbekannter.

Im Gespräch mit der PNP wirft der Hofkirchner einen Blick zurück auf seine Anfänge in der Jugendwehr und seine Erfahrungen als Katastrophenmanager beim Jahrtausend-Hochwasser, er spricht über Kameradschaft und Künstliche Intelligenz – und bricht eine Lanze fürs Ehrenamt.

Wie kamen Sie zur Feuerwehr?
Schneider: Ich bin mit zwölf Jahren der Jugendfeuerwehr in Hofkirchen beigetreten. Ein Freund meines Vaters war bei der Feuerwehr und weil ich mich dafür interessiert habe, sagte er „schau’s dir doch mal an“. Nach dem ersten Abend bei der Jugendfeuerwehr, wo alle älter waren als ich, bin ich skeptisch nach Hause gegangen. Ich dachte mir, „na ja, einmal gehe ich noch hin“ (lacht). Daraus sind jetzt schon 26 Jahre geworden.Was gefiel Ihnen an der Feuerwehr, dass Sie geblieben sind?
Schneider: Ich hatte immer schon einen Hang zur Technik und ich wollte etwas Sinnvolles tun. Dazu kommt die Kameradschaft, die in der Feuerwehr gelebt wird. Obwohl ich jung war, wurde ich von den Erwachsenen als gleichwertig angesehen, zum Beispiel wenn ich beim Waschen der Halle und der Fahrzeuge die gleiche Arbeit gemacht habe wie sie. In dieser Gemeinschaft bekommt man wichtige Werte vermittelt.

Sie haben schon mit 21 Jahren Aufgaben auf Landkreisebene übernommen. Wie kam es dazu?
Schneider: 2006 gab es den ersten engeren Kontakt zu Alois Fischl, der damals nicht nur KBI war, sondern auch Vorsitzender im Kreisfeuerwehrverband. Ich hatte damals eine neue Homepage für die Feuerwehr Hofkirchen programmiert und er wollte auch einen neuen Internetauftritt für den Kreisverband. So bin ich in die Fachgruppe für Öffentlichkeitsarbeit gekommen. 2013 wurde ich dann Fach-Kreisbrandmeister für EDV.Dann kam auch die Kreiseinsatzzentrale zu Ihrem Aufgabenbereich dazu…
Schneider: … und gleich das Jahrtausend-Hochwasser 2013. Da hatten wir die Kreiseinsatzzentrale gerade erst eingerichtet und noch nicht einmal die Abläufe geübt. Wir saßen im Landratsamt wie auf einer Insel, während rundherum das Wasser stieg. Wir mussten zwar körperlich nicht hart arbeiten, aber der Stresspegel war hoch. Da denkt man an 1000 Dinge gleichzeitig und fragt sich trotzdem: Hab ich was vergessen?

Was konnten Sie aus Ihren Erfahrungen beim Jahrtausend-Hochwasser lernen?
Schneider: Wir haben uns viel Gedanken über die Technik gemacht. Damals kam jeder Einsatz noch per Fax. Über die Jahre haben wir den Datentransfer immer weiter optimiert und die Integrierte Leitstelle eine Software programmieren lassen für das digitale Einsatzmanagement. Außerdem wurden mehrere Abschnittsführungsstellen eingerichtet, um größere Einsatzlagen dezentral zu koordinieren. Das erleichtert die Arbeit in einem so großen Landkreis. Nach Sturm Kolle 2017 wurde ein neuer Fach-Kreisbrandmeister für Einsatz und Katastrophenschutz installiert – und ich durfte die Aufgabe übernehmen. Es war spannend, etwas Neues aufzubauen. Wir haben zum Beispiel einen Lehrgang für Führungsunterstützung konzipiert, der später auch von Freyung-Grafenau und Rottal-Inn identisch übernommen wurde.
Sie haben für den Kreisverband auch ein digitales Informationssystem entwickelt. Wie wichtig ist die IT heute in der Feuerwehr?
Schneider: Im Einsatz selbst spielt das noch eine untergeordnete Rolle. Es gibt schon Tablets für die Kommunikation mit der Leitstelle, Fahrzeuge mit Touchdisplays und auch Drohnen sind nicht mehr wegzudenken. Aber man muss die neue Technik auch bedienen können. Und was ist, wenn sie mal ausfällt? Zettel und Stift gehen immer. Deshalb möchte ich das Thema im Einsatzgeschehen noch nicht forcieren. Viel wichtiger ist, dass alle ihr Grundhandwerk beherrschen. Wo die IT jetzt schon eine wichtige Rolle spielt, das sind Verwaltungsprozesse, etwa die Koordinierung der Lehrgänge, die wir mit unserem Informationssystem erledigen. Das System soll noch um weitere Funktionen erweitert werden, um zum Beispiel umständliche Excel-Tabellen überflüssig zu machen. Mir geht es darum, Prozesse zu vereinfachen.
Kann bei der Feuerwehr künftig auch Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen?
Schneider: Das ist ein ganz spannendes Thema. Ich nutze privat ChatGPT, hauptsächlich zum Programmieren. Hätte es das schon gegeben, als ich Jugendwart war, hätte ich die KI zum Beispiel nach Ideen für Jugendübungen fragen können. Oder ich hätte mir für Ausbildungen Powerpoint-Präsentationen entwerfen lassen, statt Folien für den Overhead-Projektor zu drucken (lacht). Dabei muss einem aber klar sein: Die KI ist nicht fehlerfrei. Deshalb sollte der Nutzer die Antworten auch richtig bewerten können. Und wenn man KI eines Tages im Einsatz verwenden will, muss sichergestellt sein, dass man der Technik vertrauen kann.
Wie sind die 31 Wehren in Ihrem Dienstbereich derzeit aufgestellt?
Schneider: Ich habe von Alois gut funktionierende Strukturen übernommen mit Kreisbrandmeistern, die in ihren Aufgaben absolut sattelfest sind. Unsere Aufgabe als Kreisbrandinspektion ist es, die Kommandanten zu unterstützen. Bei Aus- und Weiterbildung, aber auch bei Beschaffungen, welche für die Gemeinden sehr kostspielig sein können. Hier steht immer die Notwendigkeit im Mittelpunkt. Aber alle Bürgermeister in meinem Dienstbereich wissen um den Wert ihrer Feuerwehren. Das kommt auch bei Sanierungen von Feuerwehrhäusern zum Tragen. Hier braucht man heute mehr als nur eine Garage, es sind auch Sozialräume nötig – etwa für die Betreuung der Jugend- und Kinderfeuerwehren. Leider werden solche Sanierungen vom Freistaat immer noch zu wenig gefördert. Gleichzeitig macht eine Vielzahl an Vorschriften die Arbeit der Ehrenamtlichen kompliziert. Für Fahrzeugbeschaffungen wäre es zum Beispiel sinnvoll, der Freistaat würde die Ausschreibung für ein einheitliches Fahrzeugkonzept zentral für ganz Bayern übernehmen. Das würde auch die Preise senken.
Welche Themen werden in den nächsten Jahren aus Ihrer Sicht besonders wichtig sein?
Schneider: Generell ist der Bürokratieabbau ein wichtiges Thema, ebenso die Digitalisierung. Ein dritter Punkt ist der demografische Wandel und die Frage, ob wir künftig noch genügend Menschen für unser Ehrenamt finden und begeistern können. Dabei denke ich vor allem an die Tagesalarmsicherheit in den Dörfern, wo die Leute tagsüber auswärts arbeiten. Wichtig ist dabei, dass das Ehrenamt als solches leistbar bleibt. Das Freizeitangebot ist heute größer denn je und die Verantwortung in Beruf und Familie wird nicht weniger.
Wie wirkt sich Ihre neue Aufgabe als KBI auf ihren Terminkalender aus? Schließlich gibt es auch noch Familie und Beruf…
Schneider: Tatsächlich haben mich viele gefragt, warum ich mich hierfür bereiterklärt habe. Aber ich freue mich auf die neuen Aufgaben – auch wenn ich Respekt davor habe. Ja, die Termine werden zahlreicher, aber manches lässt sich heute auch digital regeln, zum Beispiel per Videokonferenz oder mit E-Mail und Messenger. Das macht es nicht nur für mich einfacher, sondern auch für alle anderen, die nach der Arbeit nicht noch eine halbe Stunde zu einem Vortragsabend fahren müssen. Dabei dürfen wir natürlich nicht vergessen, die Kameradschaft zu pflegen. Ich denke, die gesunde Mischung macht’s. Über den Winter möchte ich zum Beispiel alle Feuerwehren besuchen und fragen, ob wo der Schuh drückt.

Steckbrief: Das ist Christian Schneider

Alter: 38 Jahre
Wohnort: Hofkirchen
Familie: lebt mit seiner Lebenspartnerin Simone zusammen
Ausbildung: Ingenieur
Beruf: seit 2010 bei der auf Brandschutz spezialisierten Firma SIMON PROtec in Passau, dort inzwischen tätig als Geschäftsleiter und Prokurist, zuständig für Produktmanagement/Marketing.
Hobbys: Programmieren und Radfahren, denn „ansonsten wäre ich ja wirklich viel zu viel im Büro“

Feuerwehr:
• 1998 Beitritt zur Jugendfeuerwehr Hofkirchen
• 2003 in den aktiven Dienst übernommen worden
• 2004 stv. Jugendwart
• 2005 Jugendwart
• 2006 u.a. Gruppenführer
• 2007 erste Aufgaben im Kreisfeuerwehrverband und Ausbilder auf Kreisebene
• 2011 2. Kommandant bei der Feuerwehr Hofkirchen
• 2013 Fach-Kreisbrandmeister für EDV und später für Einsatz und Katastrophenschutz

 

Quelle: pnp.de —−− Sabine Kainernhard Brunner

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