Kunst mit „Täuschungsgewitztheit“

Kapfham / Hengersberg

Sein Malstil ist vom Impressionismus geprägt, seine Bilder sind von der Wirklichkeit kaum zu unterscheiden, sie wirken auf den Betrachter wie ein Foto, ungemein realitätsnah. Die Kunstwerke von Stefan Bircheneder finden allseits Bewunderung und werden mit Faszination wahrgenommen.

35 Arbeiten des Künstlers aus Kapfham in der Gemeinde Hofkirchen sind in der Sonderausstellung „Werksführung“ im Spital Hengersberg zu sehen, die Bürgermeister Christian Mayer und der Kulturreferent des Landkreises Deggendorf, Florian Jung, am Freitag eröffneten.

Einführend brachte Christian Mayer zum Ausdruck, dass von Bircheneders Werken eine besondere Faszination ausgehe und einem beim ersten Blick auf die Bilder klar werde, dass er in seinem Schaffen keinen Aufwand scheue und er die von ihm angewandten Techniken perfekt beherrsche. Jung schilderte Vita, Arbeitsweise und Arbeiten des 1974 in Vilshofen geborenen und aufgewachsenen Künstlers, der sich schon als Kind für Kirchen und Schlösser und als Jugendlicher für die Arbeit der Vergolder und Fassmaler interessierte. Nach dem Besuch der Realschule Schöllnach und dem Fachabitur an der Fachoberschule Straubing im Bereich Gestaltung ließ er sich zum Kirchenmaler und Restaurator ausbilden. Nach 20 Jahren Berufserfahrung machte er sich 2012 als freischaffender Künstler selbstständig.

Auf die künstlerische Arbeit eingehend hob Jung hervor, dass es Stefan Bircheneder bestens verstehe, die Topografie präzise und in plastischer Genauigkeit darzustellen, wobei er immer wieder Bezüge zum Barock herstelle. Verwendung finden dabei Ölfarben, die der Künstler in hauchdünnen Farbschichten und Aussparungen aufbaut, ohne die Farbe Weiß zu verwenden. Durch diese Lasurtechnik erreicht er eine realistische Farbwiedergabe und kann strahlende Lichteinfälle einfangen.

Seine Gemälde prägen unter anderem den Niedergang der Industriekultur, sie zeigen den Verfall aufgegebener Räume und Orte. Ihnen schenke er seine Aufmerksamkeit, lasse sich auf sie ein, befasse sich intensiv mit ihnen und erfasse ihre jeweilige Atmosphäre, sagte Jung. „Ich selbst bin auf der Suche nach dem Genius Loci, dem Geist und der Aura des Ortes. All die Geschichten und Schicksale oder die Arbeiter selbst sind zwar nicht zu sehen, laden diesen Ort aber auf“, zitierte Jung eine Aussage Bircheneders, die sinngemäß für sein mit großer Empathie getragenes Wirken stehe.

Uhren, Spinde mit vermeintlich banalen, heute nutz- und wertlosen Gegenständen ausgestattet, Schließfächer, Ordner, Schlüsselkästen oder einen demolierten Duschraum mit heruntergefallenen Fliesen bringt Bircheneder so auf die Leinwand, dass man tatsächlich glaubt, man stünde vor dem Original. Obwohl anfassen der mit Brokatstoffen bespannten und bemalten Raumelemente nicht erlaubt ist, ist der Betrachter angehalten, zumindest mit einem kleinen Fingertupfer den Beweis anzutreten, dass es sich um eine Attrappe, ein dreidimensional gestaltetes Kunstwerk handelt. Die Kunsthistorikern und -journalistin Dr. Julia Behrens bezeichnete es als „Täuschungsgewitztheit“ und geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie sagt, dass Bircheneder so authentische Räume und Raumelemente auf Leinwänden erschaffe, dass deren Unechtheit nur auf der Rückseite zu erkennen sei. Seine oft mehrdeutig zu verstehenden Titel vermitteln neben ernsthaften Botschaften im Zusammenhang mit den jeweiligen Kunstwerken feinsinnigen, lautmalerischen Humor, so wie das beispielsweise in den Ausstellungsstücken „Pepsi-Test“, „Nulldiät“, „Leitzkultur“, „Sammelpunkt“ oder „Durchwahl“ zum Ausdruck komme.

Mit unermüdlichem Fleiß, gepaart mit Disziplin und Authentizität sowie der Konzentration auf bestimmte Motive auf etwas, das noch keiner gemacht hat, habe sich Bircheneder weit über die Grenzen seiner Heimat einen Namen gemacht, betonte Jung, auf zahlreiche Ausstellungen verweisend, zu denen Bircheneder unter anderem nach Korea, Prag oder Hamburg eingeladen wurde und die ihn in Museen nach Karlsruhe und Berlin führten. Daneben arbeitet er im In- und Ausland mit sechs Galerien zusammen.

Die musikalische Umrahmung der Vernissage übernahm das Trio „Spontane“ in der Besetzung Angelika Hoerburger, Elisabeth Hofmann und Bernhard Greiler, die mit Barockstücken und skandinavischen Volksliedern unterhielten.

 


Die Ausstellung ist bis 3. November zu sehen. Öffnungszeiten sind Samstag und Sonntag, jeweils von 14 bis 17 Uhr.

 


Fotorealistisch, wie hier ein Schlüsselkasten, aber auch mit großformatigen Ölgemälden, die Gegenstände von Industrieruinen oder verlassenen Arbeitsorten zeigen, setzt sich der Künstler auseinander.  − Fotos: Robert Fuchs

 

 

Die Ausstellung

Die Ausstellung ist bis 3. November zu sehen. Öffnungszeiten sind Samstag und Sonntag, jeweils von 14 bis 17 Uhr.

 

 

Quelle: pnp.de —− Robert Fuchs

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