Hofkirchen will Vorreiter sein in Sachen Telekommunikation


Von der neuartigen Funktechnologie würden auch öffentliche Einrichtungen wie die Hofkirchener Grundschule profitieren. −Foto: Brunner

 

Hofkirchen

Ein neues Zeitalter der Versorgung mit leistungsfähigem, schnellem Internet und störungsfreier Mobil-Telefonie möchte die Marktgemeinde einläuten. In der Sitzung am Dienstagabend ließ sich der Marktratrat eine moderne Funktechnologie vorstellen, die auf der vorhandenen Straßenbeleuchtungsinfrastruktur aufbaut – bei Bedarf ergänzt um einzelne kleine Masten. Ein weiterer Vorteil: die schnelle Realisierung.

„Ich möchte diese Chance für den Markt Hofkirchen ergreifen“, bekundete Bürgermeister Josef Kufner (CSU) – und hatte das gesamte Gremium hinter sich. Einstimmig wurde beschlossen, in diese strahlungsarme Technologie einzusteigen mit intelligent vernetzten Funkzellen und sogenannten Multipoints, die sich zu einem flächendeckenden Netzwerk, dem Mesh, als Rechenzentrum vor Ort verbinden.

Hinter dem Konzept steht auch der heimische IT-Unternehmer Peter Hartl. Als Experte meldete er sich während der Präsentation durch Firmenvertreter aus Oberbayern und Oberösterreich immer wieder zu Wort, um die Vorteile dieser zeitgemäßen Internet-Versorgung zu unterstreichen.

„Hofkirchen wäre die erste Gemeinde in Bayern“, versicherte Peter Fröhlich, was die Bereitstellung eines kostenfreien Internet-Zugangs für die Bürger betrifft. Der Geschäftsführer der IS4IT GmbH mit Sitz in Oberhaching bei München verwies auf die Zusage des Bayerischen Breitband-Zentrums, dass die Technologie förderfähig sei, wenn eine entsprechende Markterkundung in der betreffenden Kommune gestartet werde. Laut Fröhlich hat Hofkirchens Kämmerer Michael Rieger bereits eine „gebäudescharfe Aufstellung“ über die Breitbandversorgung Hofkirchens erstellt. Demnach stünde jetzt der Einstieg in das Förderverfahren als nächster Schritt an.

Auf zehn bis zwölf Wochen grenzten Fröhlich und Andreas Straßer, der das System entwickelt hat, das Zeitfenster für die flächendeckende Installation in der gesamten Marktgemeinde ein. Einen Start im Januar 2021 erachteten beide als realistisch.

Noch am Nachmittag vor der Ratssitzung war laut Aussage des Bürgermeisters die schriftliche Zusage des Bayernwerks als Eigentümer der Straßenlaternen eingegangen, dass diese Infrastruktur mit der neuen Internet- und Mobilfunk-Technologie bestückt werden darf. „Wir haben es mit einem etablierten Unternehmen, System und Anbieter zu tun“, so Josef Kufner. Er sprach von einer echten Alternative zum herkömmlichen 5G-Netz, das Versorgungswerte von 30 Mbit pro Sekunde gewährleiste, während das neuartige Funknetz mindestens 100 Mbit pro Sekunde verspreche. Und: „Die Strahlenbelastung ist auf ein Minimum reduziert“, fügte Kufner als weiteren großen Pluspunkt neben der absoluten Datensicherheit durch die eigens dafür zertifizierten Firmen hinzu. Das System wachse weiter und werde immer leistungsfähiger. „Das ist ein Mehrwert für Horkirchen mit verschiedensten Anwendungsmöglichkeiten“, so Kufner. Gerade in Corona-Zeiten mit Home-Office und Home-Schooling habe sich der Bedarf einer leistungsfähigen flächendeckenden Internet-Versorgung gezeigt. „Wir werden uns weiterentwickeln müssen – und zwar jetzt und nicht irgendwann“, mahnte er an.

Rudolf Fröhlich erinnerte an die Erkenntnisse, die einige Ratsmitgliedern auf der Teststrecke in Walchsee in Tirol gewinnen konnten. „Diese Smart-City-Lösung kann weit mehr als die klassische Breitband-Versorgung“, so der Geschäftsführer der IS4IT GmbH, die den Vertriebsauftrag für Bayern hat. Die Leistungsaufnahme der in den Straßenleuchten verbauten Multipoints mit Akku-Pads zur Stromversorgung bei abgeschalteten Laternen bezifferte er auf 15 Watt und somit 20 Prozent einer vergleichbaren 5G-Infrastruktur.

Peter Hartl siedelte die Abstrahlung im Milliwatt-Bereich an, wie sie selbst in Krankenhäusern zulässig sei. Die Funksmog-Belastung sei nachweislich um den Faktor 100 niedriger, merkte Rudolf Fröhlich ergänzend an. „Wir senden im Nano-Funkzellenbereich“, erklärte er unter Verweis auf den Makro-Bereich bei herkömmlichen Mobilfunkmasten.

Wie Andreas Straßer berichtete, funktionierten alle Endgeräte – auch ältere – mit der neuartigen Technologie. Ein Straßenlaternen-Multipoint beziehungsweise ein eigens aufgestellter kleiner Sender könne 40 bis 50 mobile User versorgen. Für Hofkirchen bestehe somit „überall die Garantie für eine Versorgung mit 200 Mbit pro Sekunde im Download“, so Straßer.
Der Projektpreis für die Versorgung Hofkirchens mit einer Fläche von 32,7 Quadratkilometern und 3750 Einwohnern liegt laut Straßer bei 665534,36 Euro, beispielhaft auf zehn Jahre gerechnet. Die 522 benötigten Multipoints kämen somit pro Einwohner auf 177,48 Euro, woraus sich Kosten von 1,48 Euro je Einwohner und Monat ergäben. Enthalten sind darin die Schaffung der Infrastruktur, Wartung, Upgrades.

Die Versorgungsdaten benannte Straßer mit 150 Mbit/s pro Mobilgerät (SIM) und Einwohner, mit 250 Mbit/s pro Haushalt und 1 GBit/s pro Gewerbe-Einheit. In den Referenzgebieten – Städte und Kommunen in den Niederlanden, Tschechien, Österreich und der Schweiz – sei die Kundenzufriedenheit mit der Internet-Versorgung „extrem gestiegen“, so Andreas Straßer.

„Wenn das Endgerät WLAN-fähig ist, braucht man keinen Rooter mehr“, informierte Peter Hartl zusätzlich. Rudolf Fröhlich zeigte den Einsatz des Netzes für intelligente Steuerungs- und Erfassungsmöglichkeiten auf und schwärmte von einer Optimierung des Mobilfunk-Empfangs ohne Aufbau weiterer Sendemasten. „Eigentlich die eierlegende Wollmilchsau“, meinte er augenzwinkernd.
Vize-Bürgermeister Alois Wenninger (CSU) war fasziniert von dieser Lösung, von der auch Landwirte mit ihren satellitengesteuerten Geräten zur Feldarbeit profitieren, denn: „Jeder möchte guten Handy-Empfang, aber keiner will einen Sendemasten vor seinem Haus.“   —Bernhard Brunner

 

Quelle: pluspnp.de   —Bernhard Brunner

Mehr im Vilshofener Anzeiger vom 25.06.2020 oder unter PNP Plus nach einer kurzen Registrierung