Eigentlich war Bürgermeister Willi Wagenpfeil ganz guter Dinge, was den Prozess gegen die Telekom vor dem Landgericht Passau angeht. Er hoffte auf ein schnelles Urteil. Doch daraus wurde nichts. Vielmehr hat der Vorsitzende Richter die Parteien angewiesen, im Laufe dieser Woche mitzuteilen, an welchen Donnerstagen sie Zeit hätten für ein nächstes Treffen – und zwar im Dezember, Januar und Februar.
Es geht um eine Schadensersatzforderung des Marktes in Höhe von 260000 Euro, nachdem bei Arbeiten für schnelles Internet eine Wasserleitung und Hausanschlüsse beschädigt worden waren. In der Folge vermengte sich das austretende Wasser mit dem Sand im Boden, große Mengen gelangten in Kanal und Kläranlage, was ebenfalls zu Schäden führte.
Die Forderung Hofkirchens richtet sich gegen die Telekom, die den Auftrag für die Verlegung der Glasfasertechnik bekommen hatte. Die wiederum hat die Arbeiten an einen Subunternehmer aus Litauen weitergegeben. Und der bediente sich einer Firma aus Italien. Ein Gütetermin in der Sache war im März gescheitert. „Treten Sie in sinnvolle Gespräche ein, bevor noch mehr Geld verbraten wird“, gab der Vorsitzende Richter Wolfgang Huber der Telekom mit auf den Weg. Doch daraus wurde nichts. Und so trafen sich die Parteien nun erneut vor der 1. Zivilkammer am Landgericht Passau.
Drei Zeugen waren geladen: Dr. Detlev Schilling, Diplom-Geologe aus Fürstenzell, hat für Hofkirchen den Schaden begutachtet. Er erläuterte auf Nachfrage der Richter und der Anwälte, warum er zu dem Schluss kommt, dass Standards nicht eingehalten wurden und die Bohrung ohne Planung durchgeführt worden sein musste. An der Reputation des Diplom-Geologen ließ der Vorsitzende Richter keinen Zweifel: „Wir wissen um seine Fach- und Sachkunde, beauftragen ihn öfters.“
Als zweiter Zeuge sagte Thomas Kempf aus, Fachkraft für Abwassertechnik, angestellt beim Markt Hofkirchen und dort zuständig fürs Abwassersystem. Er berichtete, wie er an besagtem Freitag, 28. April, von den Wasserverlusten erfahren hatte, wie er über den Bauhofleiter herausbekam, dass bei einer Spülbohrung fürs schnelle Internet wohl die Trinkwasserleitung und der Abwasserkanal beschädigt worden sind. Zwei bis drei Tonnen Sand waren in der Kläranlage gespült worden. „Normal sind drei bis maximal fünf Kilo Sand im Monat“, sagte Thomas Kempf. Die Nachfragen des Anwalts der ausführenden Firma bezogen sich vor allem auf die vorgelegten Reparaturrechnungen für die massiv beschädigten Rechen samt Bürstensegment. „Die Bürsten waren vier Monate alt, halten normalerweise zwei Jahre. Der Getriebemotor, Baujahr 1991, hält normalerweise ewig. Um den ganzen Sand absaugen zu können, brauchten wir schweres Gerät. Dazu musste der Weg zur Zwischenpumpstation auf etwa 25 Meter so befestigt werden, dass er mit dem 25-Tonnen-Lkw mit vier Achsen befahrbar war.“
Als dritter Zeuge wurde der Bauleiter erwartet, der nicht erschien. Er war falsch geladen worden. Ob die Gegenseite an seinem Erscheinen festhält, war eine rhetorische Frage. Natürlich. Denn wenn einer etwas über – nach derzeitigem Stand fehlende bzw. mangelhafte – Planung, Baugrunderkundung und Überwachung der Bauausführung bei der Spülbohrung in Hofkirchen sagen kann, dann er.
„Und dann zahlen Sie auch noch andere Gutachter“, prophezeite der Vorsitzende Richter in Richtung Telekom. Denn wenn sich keine Einigung abzeichnet, wird das Gericht ein Sachverständigen-Gutachten einholen müssen. Darauf der Telekom-Anwalt: „Wir sind an einer Schadensregulierung interessiert. Aber es hakt an der Versicherung.“ Der nächste Termin – an irgendeinem Donnerstag zwischen Dezember und Februar – jedenfalls gehört dem Bauleiter.
„Für das Vorgehen des Gerichts habe ich Verständnis“, sagte Bürgermeister Willi Wagenpfeil nach dem Termin. Aber das Verhalten der Telekom enttäuscht ihn: „Wie oft wurde uns gesagt, dass man sich meldet? Mittlerweile soll der Vorstandsvorsitzende der Telekom die Angelegenheit zur Chefsache erklärt haben. Trotzdem müssen wir uns wohl auf einen langen Prozess einstellen.“ Anwalt Stephan Reiffen, der den Markt vertritt, wird noch deutlicher: „Das Verhalten ist skandalös. Eine Haftung steht außer Frage, wenn Kardinalspflichten verletzt wurden. Und hier muss von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden.“ Ihn würde es nicht überraschen, wenn der Rechtsstreit bis Ende 2019 dauert.