Erschaffen nach einem schweren Sturm


Aufnahme des Vierseithofes Philippswart aus den 1950er Jahren. − Foto: Alois Wenninger
Hofkirchen

Am 25. Juni 1844 gegen fünf Uhr nachmittags zog ein schweres Unwetter mit Orkanböen und Hagel eine Schneise der Verwüstung durch Niederbayern. Am schlimmsten traf es die Fluren des Landgerichtes Passau I, nur wenige Gemeinden blieben verschont. Felder und Wiesen wurden derart verwüstet, dass fast nirgends mehr eine Spur von Vegetation zu erkennen war. Die Donauzeitung berichtete darüber: „Die Gewalt des Orkanes war so mächtig, dass die stärksten Bäume ihrer Äste beraubt oder entwurzelt worden sind; sehr viele Gebäude wurden bedeutend beschädigt, einige gänzlich niedergerissen.“

Auch das große Waldgrundstück „Eichleithen“ bzw. „Tannleithen“ östlich von Hilgartsberg wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der Eigentümer, Brauereibesitzer Philipp von Mühldorfer aus Vilshofen, fasste den mutigen Entschluss, einen Teil seiner zerstörten Waldungen nicht mehr aufzuforsten, sondern zu roden und urbar zu machen. Da er aber seine Besitzungen im weiter entfernt liegenden Vilshofen besaß, lag es nahe, zugleich ein zeitgemäßes Bauerngehöft zu errichten. Diesem verheerenden Unwetter verdankt also der denkmalgeschützte Einzelhof Philippswart bei Hilgartsberg seinen Ursprung.

Nachdem der stattliche Vierseithof mit seinen charakteristischen Zinnengiebeln im Jahr 1849 fertiggestellt worden war, erhielt 1856 der Eigentümer vom Königlichen Staatsministerium des Inneren die Genehmigung, sein Ökonomiegut in der Gemeinde Hilgartsberg „Philippswart“ nennen zu dürfen. Im übertragenen Sinne wollte er mit „Wart“ (Warte ist Aussichtspunkt) zum Ausdruck bringen, dass er von dort aus Ausschau in das breite Donautal halten konnte.

Philipp Mühldorfer war als Sohn des Johann Baptist Mühldorfer am 19. März 1801 in Tittling geboren worden. Sein Vater hatte 1805 eine Brauerei samt Landwirtschaft in Vilshofen gekauft. 1834 wurde Johann Baptist auf sein eigenes Gesuch hin in den erblichen Adelsstand erhoben. Begründet hatte er es mit seinem hohen Vermögensbestand und seiner politischen und beruflichen Meriten.

Philipp von Mühldorfer war politisch aktiv, von 1838 bis 1840 Mitglied des Landrats von Niederbayern und wurde anschließend bis 1843 als Mitglied in die Kammer der Abgeordneten gewählt. Er wurde als „braver und wohlhabender Mann“ geschildert, der sich aber mehr um seinen Erwerb als um politische Angelegenheiten gekümmert haben soll. Unter anderem gehörte ihm zusammen mit dem Wirt Florian Koch von Garham die Burgruine Hilgartsberg und das „Holz Eichleithen“, welche sie vom Joseph Eligius Graf von Fugger käuflich erworben hatten. 1847 schenkten sie die Ruine dem Bayerischen Staat, weil sie die Kosten der notwendigen Abtragung einiger Vormauern scheuten.

Einer der Söhne, Ludwig Anton, dem schon das Schlossgut in Guggenberg bei Schwabmünchen gehörte, erbte nach dem Tod von Philipp von Mühldorfer am 12. Februar 1865 das Gut Philippswart. Sieben Jahre später entschloss er sich bereits zum Verkauf des mit 18000 Gulden hypothekarisch belasteten Gutshofes.

Käufer war Friedrich Wenninger, am 13. Februar 1848 in Straubing geboren, und zuletzt Gutsverwalter von Tremmelhausen bei Lappersdorf in der Oberpfalz. Wegen seines chronischen Asthmaleidens wollte er von dort weg und entschied sich 1872 für den Kauf von Philippswart, wo er sich Linderung durch die frische Vorwaldluft erhoffte.

Wie aus dem überlieferten Kaufvertrag, datiert auf den 9. Oktober 1872, hervorgeht, umfasste das Gut 160 Tagwerk Äcker, Wiesen und Wälder. Als Kaufpreis („Kaufschilling“) wurden 33000 Gulden vereinbart, davon musste der Käufer die Hypothekenbelastung über 18000 Gulden übernehmen. Der Restbetrag von 15.000 Gulden war in bar auszuzahlen oder bei Teilzahlungen zu verzinsen.

Friedrich Wenninger, krank und deshalb wenig leistungsfähig, ließ den Hof mehr und mehr verfallen. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends, und am 25. Mai 1886 verstarb er an Lungenschwindsucht. Die Witwe Franziska mit ihren fünf unmündigen Kindern heiratete notgedrungen wieder, um den Hof erhalten zu können.

Am 11. Dezember 1888 trat sie mit dem Bauerssohn Franz Xaver Scheingraber, der aus dem benachbarten Edt stammte, an den Traualtar. Der neue Ehemann soll ein sehr tüchtiger Wirtschaftler gewesen sein und den heruntergekommenen Gutshof wieder auf Vordermann gebracht haben. Er übergab ihn wohl bestellt an seinen Stiefsohn Josef Friedrich Wenninger, der das Gut wirtschaftlich weiterentwickelte.

Nunmehr ist der stattliche, vorbildlich gepflegte Bauernhof in fünfter Generation in Besitz der Familie Wenninger. Mittlerweile ist zur Landwirtschaft mit Tierhaltung als zweites Standbein eine leistungsfähige Bioenergieanlage zur Stromerzeugung und Nahwärmeversorgung hinzugekommen.

 

 


Ausschnitt aus dem Urkatasterblatt von 1824. Inmitten eines großen Waldgrundstücks wurde 1849 auf der Rodungsfläche das Gut Philippswart (rote Vierecke) errichtet. − Foto: Bayernatlas

 


Friedrich und Franziska Wenninger, die erste bürgerliche Familie auf Philippswart − Foto: Alois Wenninger

 

 

Quelle; pnp.de — Rudolf Drasch

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